Ungesicherte Finanzen

Veröffentlicht am 10.05.2017 in Kommunalpolitik

Haushaltsrede 2017: Nicht alles im Haushalt gereicht zur Freude, große Risiken zu wenig beachtet.

SPD-Fraktion im Gemeinderat der Stadt Freiberg a.N.

Rede zur Verabschiedung des Haushaltes 2017 am 27. April 2017

Minus 1.561.500 EUR, das ist die Planzahl in der mittelfristigen Finanzplanung für 2017 aus dem Haushaltsjahr 2016. Nun sollen wir einen Ergebnishaushalt mit Plus 5.135.000 Euro verabschieden. Das ist eine Abweichung in Höhe von 6.696.500 Euro. Oh – wir liegen ganz schön daneben.

Herr Bürgermeister Schaible, Herr Kegreiß, liebe Kollegen des Gemeinderates, liebe Bürgerinnen und Bürger sowie Mitarbeiter der Verwaltung!

Und wieder ist es spät geworden, um nun den Haushaltsplan für das laufende Jahr zu verabschieden. Bereits im vergangenen Jahr wurde der Haushalt sehr spät verabschiedet. Die Gründe lagen wohl in der umfangreichen Arbeit, den bisherigen kameralistischen Haushalt den rechtlichen Vorgaben entsprechend auf die doppische Haushaltsführung umzustellen. Nun liegt uns der zweite Haushalt der doppischen Haushaltsführung vor.

Aber der Weg zur umfänglichen doppischen Haushaltsführung ist noch nicht vollständig begangen. Auch wenn schon eine große Etappe erreicht wurde, wir sind noch nicht am Ziel angekommen. Nach wie vor fehlt ein wesentlicher Punkt für die vollständige Umsetzung der kommunalen Doppik: es fehlt die Eröffnungsbilanz unserer Stadt. Um zu dieser zu gelangen, ist es erforderlich, die Jahresabschlüsse 2014 bis 2016 fertigzustellen. Inzwischen konnten wir im Gemeinderat vorläufige Zahlen der Jahresabschlüsse 2014 bis 2016 erhalten. Vielen Dank dafür an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kämmerei. Wir sind aber nach wie vor der Ansicht, dass der Erstellung der Jahresabschlüsse allerhöchste Priorität gebührt. Bitte, liebe Verwaltung, setzen Sie dies um. Bitte stufen Sie diese Aufgabe entsprechend ein und stufen Sie andere Aufgaben entsprechend in ihrer Priorität herab. Da auch in diesem Jahr im Bereich der Finanzverwaltung erneut Stellen geschaffen wurden, gehen wir davon aus, dass die die Erstellung der Jahresabschlüsse nun endlich wahr wird.

Aufgrund der vorläufigen Zahlen der Jahresabschlüsse und des Ergebnishaushalts dieses Haushaltsjahres können wir ersehen, dass die Stadt Freiberg in den vergangenen Jahren eine gute finanzielle Entwicklung nehmen durfte. Wir haben ein Plus in Höhe von 5.135.000 Euro im Ergebnishaushalt. Dies liegt allerdings auch daran, dass wir einen Teil unseres Tafelsilbers verwendet haben. Auch haben wir liquide Mittel in Höhe von 23.000.000 Euro.

Dies ist auch ein Grund, weshalb die SPD-Fraktion nicht für die Erhöhung der Grundsteuer gestimmt hat. Erstens benötigen wir diese Mittel im Moment noch nicht. Zweitens haben wir noch keine erhöhten Kosten aufgrund der Erhaltung der drei Freiberger Grundschulen, so dass diese Begründung für uns nicht schlüssig ist.

Bezüglich der weiteren Vorgehensweise, den Bürgerentscheid zum Erhalt der drei Grundschulen umzusetzen, hoffen wir in nächster Zeit die weiteren Schritte angehen zu können. Die an die Eltern zum Teil bereits erfolgten Schreiben zur Wahl der Betreuungsformen für ihre Kinder in den Grundschulen wurden dem Gemeinderat noch nicht erläutert. Die Vorgehensweise kritisieren wir, als Schulträger muss der Gemeinderat bereits in der Vorphase eingebunden sein. Was hier konzeptionell auf den Weg gebracht wird, ist mit uns noch nicht abgestimmt. Wir haben kein Verständnis mehr für Entscheidungen, die wir dann in der Folge last minute durchwinken sollen. Wir sind der Meinung, dass wir die Grundschulen nicht kaputtsparen sollten.

Aber uns ist auch klar, dass uns nicht nur die Finanzierung der Erhaltung der drei Grundschulen, sondern auch die Finanzierung der Oscar-Paret-Schule und der Neubau des Kindergartens `Die Murmel` vor eine immense finanzielle Herausforderung stellen. Durch die in der doppischen Haushaltsführung erforderlichen neuen Posten der Abschreibungen, Zinsen und Tilgungen entsteht bei einem Investitionsumfang von ca. 100 Millionen Euro eine Mehrbelastung von 3 bis 4 Millionen EUR jährlich. Dies entspricht ca. 10% des Volumens des vorliegenden Ergebnishaushaltes. Wir sehen derzeit keine Lösung, wie diese dauerhafte Mehrbelastung bedient werden könnte. Dies ist auch seitens der Verwaltung für uns noch nicht plausibel dargestellt worden. Bleibt also zu hoffen, dass die Entscheidungen für diese Investitionen erst getroffen werden müssen, wenn eine Eröffnungsbilanz vorliegt oder zumindest ein nachvollziehbarer Lösungsansatz skizziert ist. Ansonsten begeben wir uns nach wie vor auf eine Reise ins finanzielle Ungewisse. Eine Reise, die für uns weiterhin an einer "Stoppstelle" enden kann. Oder? Die Auswirkung von selbst moderat ansteigenden Darlehenszinsen lässt diese Vorhaben als großes Wagnis erscheinen. Da braucht es noch viel Diskussion, Risikobetrachtung und Bewertung, um verantwortungsvoll all den Vorhaben grünes Licht zu geben.

Dadurch, dass die Wertverluste im laufenden Jahr erwirtschaftet werden müssen, hat dies zur Folge, dass die Leistungsfähigkeit der Stadt eingeschränkt wird. Künftige Aufgaben und damit verbundene Ausgaben müssen aufs Genaueste hinterfragt werden. Wir müssen eine Antwort finden auf die Frage "Was kann sich die Stadt Freiberg leisten?"

Dies führt uns dann auch zur Thematik freiwilliger Leistungen. In den vergangenen Monaten, und man kann sogar sagen Jahren, wurde Freiwilligkeit von Leistungen mehrfach thematisiert und es herrscht immer noch Einigkeit im Rat, das Thema bald und umfassend aufzuarbeiten. Die ersten Schritte werden auch bereits getan. So wie letztes Jahr gehen wir nach wie vor davon aus, dass niemand nun fürchten muss, dass dies in Form eines Kahlschlages geschieht. Doch an der einen oder anderen Stelle wird es Freiberg, und hier meinen wir unsere Bürgerinnen und Bürger, spüren. Das Bürgerfest soll jetzt nur noch alle zwei Jahre stattfinden. Wie die Entscheidung getroffen wurde, können wir von der SPD Fraktion nicht nachvollziehen und unterstützen. Wir sind der Meinung, dass die Vereine hier hätten mit einbezogen werden sollen. Zumindest hätte das Thema bei einer längst einberufenen Sitzung mit den Vereinen besprochen werden sollen.

Weitere freiwillige Aufgaben, z.B. Zuschüsse und Unterstützung an die Vereine (ca. 900.000 Euro im Jahr), Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (ca. 90.000 Euro) oder auch Repräsentation müssen in nächster Zeit vom Gemeinderat bewertet werden. Wir haben als Rat dafür Sorge zu tragen, dass das hier eingesetzte Geld maximalen Nutzen für Freiberg und seine Bürger bringt und nicht nur kleine Interessengruppen fördert.

Die für uns immer geltende Frage "Für wen bauen wir das Freiberg der Zukunft?" hat immer verschiedene Facetten. Betrachten wir den Umbau bzw. die Investitionen am Bahnhofsareal, so finden wir, dass dies inzwischen etwas erzwungen wirkt. Jetzt müssen wir unter starkem Zeitdruck etwas tun, sonst fließt der zugesagte Zuschuss nicht. Allerdings muss unseres Erachtens auch gesehen werden, dass der Zuschuss lediglich 60 Prozent auf die förderfähigen Kosten beträgt und die Stadt Freiberg mehr als 2.000.000 Euro selbst investieren muss. Dass dabei eine Idee, die von sehr engagierten Menschen mit viel Herzblut verfolgt wurde, das Projekt "Güterschuppen Gleis 1", gescheitert ist, ist umso tragischer. Aber offensichtlich waren Freibergs Bürger und seine Wirtschaft nur mäßig am Gelingen dieses Vorhabens interessiert. Dies kann dem Gemeinderat nicht angelastet werden.

Eine weitere Facette bei der Frage "Für wen bauen wir das Freiberg der Zukunft?" ist es, angesichts eines aus den Fugen geratenen und überteuerten Wohnungsmarktes, diesen zu gestalten. Wollen wir vielleicht nur noch die gehobene Mittel- und Oberschicht in Freiberg? Normalverdiener haben es in Freiberg nämlich schwer, Eigentum zu erwerben. Sehr schwer! In dieser Beziehung hat der Gemeinderat bisher seine Möglichkeiten zur Steuerung nicht nachdrücklich wahrgenommen und aus sozialdemokratischer Sicht letztlich versagt. Erste Überlegungen bzw. Informationen zu diesem Thema wurden inzwischen ausgetauscht. Jetzt muss es aber auch weitergehen. Uns würde freuen, wenn dies demnächst geschieht. Wir sollen aktiv werden.

Weiterhin aktiv bleiben müssen wir auch bei unseren Stadtwerken. Über 2.000 Kunden sind eine stolze Zahl. Sie kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei dem Erwerb der Netze kein Fortschritt zu erkennen ist. Wir hoffen, dass dieses Thema nicht zum Dauerbrenner wird und in absehbarer Zukunft abgeschlossen werden kann.

Wichtig ist es uns, auch zum Thema Personalkosten etwas zu sagen. Auch in diesem Haushalt gibt es neue Stellen: 8,69. Die SPD-Fraktion hat Stellen mitgetragen, so zum Beispiel die Stellenschaffung aufgrund der Erhöhung der Freistellungszeit der Kindergartenleiterinnen, einen Haustechniker und den Gerätewart der Feuerwehr. Allerdings haben wir bei anderen Stellen kritisch nachgefragt, da uns die Notwendigkeit der Stellenschaffung nicht nachvollziehbar war, und konnten diese daher auch nicht mittragen. Die Personalkosten sind in diesem Haushalt insgesamt (auch mit Tariferhöhungen) um ca. 500.000 Euro gestiegen, das entspricht 5%. Wir finden, dass ein kritischer Austausch daher angemessen ist.

Die letzten Jahre waren "fette" Jahre. Wir können aber nicht davon ausgehen, dass dies so bleibt. Daher ist es wichtig, eine verlässliche Planung der Kosten mit dem entsprechenden Abgleich der Ist-Zahlen zu erarbeiten.

Ich sage im Namen der SPD-Fraktion vielen Dank an die Verwaltung für die Erarbeitung des Haushaltsplanes und, dies gilt auch dem Gremium, für die Zusammenarbeit im letzten Jahr.

Die SPD-Fraktion wird nicht einstimmig dem Haushaltsplan zustimmen.

 

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